In den Neunzigern war Power-Wrestling bei den großen Tour von WWE (WWF) stets ganz dicht dran! Wir veröffentlichen Original-Erlebnis-Berichte von Wolfgang Stach aus dieser Zeit. Im zehnten und letzten Teil geht’s mit Hulk Hogan in den Herbst 1994.
Falls du die Reihe chronologisch lesen möchtest, findest du hier den ersten Teil.
Über die vergangenen Monate haben wir hier in Power-Wrestling fast 20 Jahre alte Tourberichte von Wolfgang Stach wiederveröffentlicht, die damals nur einem kleinen Fanclub-Leserkreis zugänglich waren. Unser Abschluss in die Fanzine-Jahre von „Power-Wrestling“ (vor dem offiziellen Kioskstart im Frühjahr 1995) bildet ein Bericht über den Start von Hulk Hogan bei World Championship Wrestling im Sommer 1994. Der Hulkster hatte am 17. Juli bei der Veranstaltung „Bash at the Beach“ seinen vielbeachteten Einstand bei der WCW gefeiert – nach den goldenen Jahren unter Vince McMahon hatte die Achtziger-Wrestling-Ikone damit also offiziell die Seiten gewechselt. Dies war auch als Startschuss für den weiteren Aufbau der WCW unter Eric Bischoff zu verstehen.
In der Woche nach seinem US-Einstand kam Hulk Hogan direkt zu zahlreichen Presseterminen und TV-Auftritten nach Deutschland. Dies zeigt aus heutiger Sicht besonders, wie wichtig der deutsche Markt zu dieser Zeit für die damalige World Wrestling Federation und eben auch für die WCW war. Auf der Pressetour wurde nicht nur Hogans WCW-Einstand beworben, sondern auch eine für den September 1994 angesetzte „Hulkamania“-Deutschlandtour.
Die Stationen der damaligen Tour: 6.9. in Schwerin, 7.9. in Bad Segeberg, 9.9. in Schwarzburg, 10.9. in Berlin, 11.9. in Stuttgart, 12.9. in München, 13.9. in Frankfurt sowie 14.9. in Dortmund. Wie bereits beim Bash at the Beach wurde diese gesamte Tour mit dem Main Event zwischen Hulk Hogan und Ric Flair geheadlined. Natürlich ging der WCW-Champion Hogan jeden Abend als Sieger aus den Matches hervor. Aber nicht, bevor er Flair mit seinem berühmten Legdrop abgefertigt hatte. Weitere Stars auf der damaligen Tour waren unter anderem Sting, Steve Austin, Guardian Angel (Big Boss Man), Vader, Brian Pilmman, die Nasty Boys, DDP, Jim Duggan und einige mehr.
Wie im nachfolgenden Artikel erwähnt wird, hielt WWF mit einer starbesetzten Tour damals zeitgleich dagegen – auch um WCW beim Versuch, der Konkurrenz Marktanteile in Deutschland abzugraben, einen Strich durch die Rechnung zu machen. Die WWF-Termine im September 1994: 8.9. in Hamburg, 9.9. in Kassel, 10.9. in München, 11.9. in Bayreuth, 12.9. in Halle sowie 13.9. in Rostock. Diese WWF-Tour war damals komplett ausverkauft und bot unter anderem Bret Hart, Owen Hart, Randy Savage, Razor Ramon, Shawn Michaels, Diesel, den Undertaker sowie einige mehr.
Der nachfolgende Artikel zum WCW-Deutschland-Kickoff ist im Power-Wrestling-Fanclubheft mit der Nummer 4/1994 erschienen. Ob es noch die Hefte 5/1994 und 6/1994 gab, bevor Anfang 1995 regulär am Kiosk startete, müssen wir derzeit noch selbst herausfinden. Aktuell finden sich diese Nummern zumindest nicht mehr in unserem Archiv. Sollte es diese Hefte geben (und ältere Leser im Besitz dieser wertvollen Dokumente sein), nehmen wir gerne sachdienliche Hinweise und Scans entgegen. Damit aber nun der Beitrag von Wolfgang:
The Hulkster is back! Um den Wechsel des bekanntesten Wrestlers aller Zeiten auch gebührend zu feiern, luden Hermjo Klein und DSF in mehreren deutschen Städten zu Pressekonferenzen (Einzelinterviews wurden, außer in einigen Fernsehprogrammen nicht gegeben, es bestand aber die Möglichkeit, nach der Pressekonferenz Terry Bollea einige Fragen zu stellen).
So nahm ich dann auch gerne die Einladung an, am 21. Juli ins „feindliche“ Köln zu fahren (wer es nicht weiß, Düsseldorfer und Kölner sind seit 1284 wie Katz und Maus, seit die Truppen des Grafen Adolf von Berg, darunter viele Düsseldorfer, in einer der blutigsten Schlachten des Mittelalters die Truppen der Kölner Bischöfe in Worringen besiegten) und mir anzuhören, was Hulk für Neuigkeiten von sich zu geben hatte.
Vor der PK hatte ich noch kurz die Möglichkeit, einige private Worte mit dem Hulkster zu wechseln, da Davey Boy mich gebeten hatte, ihm seine Mobiltelefonnummer zu geben. Beide hatten zuvor mehrfach ergebnislos versucht, sich anzurufen.
Ich muss sagen, den so unkomplizierten, gelösten Eindruck wie während der Pressekonferenz oder den Fernsehsendungen machte Hogan privat nicht. Er war zwar nicht unhöflich oder gar arrogant, nun aber sicherlich auch nicht der Sympathischste (und das obwohl wir am gleichen Tag Geburtstag haben, nur dass er fünf Jahre älter ist, Manager Jimmy Hart scheint umgänglicher).
Was er bei der Pressekonferenz von sich gab, war im Wesentlichen das gleiche, was er auch bei Koschwitz in RTL oder bei Schreinemakers in Sat1 sagte (zumal beide auch die gleichen Fragen stellten, wie die Kollegen bei der Pressekonferenz).
Ich hatte den Eindruck, dass Hogan (so weit ich das beurteilen kann) immer dann ehrlich war, wenn er sich über Privatdinge äußerte. Dagegen klang es eher wie „Grimms Märchen“, was er zum Thema Wrestling von sich gab.
So erklärte er zum Beispiel, dass er nach zwei wrestlinglosen Jahren schon fast Entzugserscheinungen hatte und er glücklich darüber war, dass ihm die WCW als „führende Wrestlingfederation in den USA“ ein Angebot unterbreitete, für sie zu wrestlen.
Von einem gelernten Bankkaufmann sollte man eigentlich erwarten, dass er rechnen kann. Denn vor einem Jahr im Juli war Hogan noch auf der WWF-Tournee durch Deutschland dabei (so unter anderem beim ersten Open-Air-Event in Deutschland in Offenbach). Dass dieses keinem der anwesenden Journalisten auffiel, wen wundert’s (besonders wenn man bedenkt, dass manche noch nicht einmal die WWF kannten)?!
Erfrischend war, dass er wenigstens bekanntgab, vier Tage zuvor beim „Bash at the Beach“ den WCW-Titel von Ric Flair gewonnen zu haben. Er hatte auch den Gürtel dabei, den Jimmy Hart immer fleißig zeigte (allerdings fehlte noch sein Namensschildchen auf der dafür vorgesehenen Stelle).
Der bei DSF für die WCW-Sendungen verantwortliche Dieter Krap war auch dabei, machte aber ein recht zerknirschtes Gesicht. Lag es vielleicht daran, dass für zwei Wochen die Spannung aus den Sendungen herausgenommen wurde, da fast alle Zeitungen und natürlich die Fernsehsendungen hiervon berichteten? Außerdem, wie verträgt es sich damit, dass die Sachen ja angeblich live gesendet werden? Na ja, soll nicht das Problem der WFA sein!
Mit keinem Wort erwähnte Hogan (natürlich), dass er bereits in der WWF mehrfach (recht enttäuschend) gegen Flair gekämpft hatte. Wie er überhaupt die WWF namentlich nicht erwähnte. Vielmehr hieß es „früher“ oder „bei eine anderen Federation“, aber weder der Name Vince McMahon noch der Name WWF fiel auch nur ein einziges Mal.
Befragt, ob er jemals Steroide genommen hatte, gab Hogan zu, dass er das Teufelszeug früher geschluckt hatte, „vor allem aber nach Krankheiten“ um den Muskelaufbau zu beschleunigen. Insgesamt spielte er das Thema aber herunter.
Interessant war auch, wie er seinen Wechsel zur WCW begründete. Er habe die geänderte Ausrichtung „in der Liga, für die ich damals kämpfte“ nicht mittragen können. Früher wäre es dort noch normal hergegangen, in letzter Zeit sei man dort aber dazu übergegangen, Schlangen, Bodybags (die Leichensäcke, die der Undertaker oftmals verwendete) und anderes zu erlauben. Dies sei für ihn aber nicht mehr akzeptabel gewesen.
Kein Wort natürlich darüber, dass Jake „The Snake“ Roberts jahrelang zur Stammformation der WWF gehörte und unter anderem auch bei der legendären WrestleMania III dabei war. Dennoch hinderte dies seinerzeit Hogan nicht, jahrelang Seite an Seite mit ihm zu kämpfen.
Oder war es akzeptabel, mitten während des Golfkriegs mit dem Sgt. Slaughter-Gimmick – während viele US-Soldaten starben (ganz abgesehen von den hunderttausenden Irakern) – Emotionen zu schüren?
Aber irgendwie musste man ja den Wechsel von der WWF, die natürlich noch immer mit weitem Abstand die Nummer 1 in den USA ist, zur WCW begründen und dabei gleichzeitig den neuen Arbeitgeber in einem moralisch besonders guten Licht erscheinen lassen!
Zum Comeback habe er sich unter anderem auch deshalb entschlossen, weil seine beiden Kinder ihn immer wieder dazu gedrängt hätten. Sie wollten den Papa mal wieder als „Kämpfer für das Gute“ gegen die Bösen antreten sehen.
Die einzig wirklich ehrliche Antwort zum Thema Wrestling gab Hogan meines Erachtens nur auf meine Frage, warum sich denn die Pläne mit „Home Box Office“ (HBO) zerschlagen hätten. Der regelmäßige Leser wird sich an die „Power-Wrestling“ 2/94 erinnern. Dort stand geschrieben, dass Hogan von dem Veranstalter von Special Events und Fernsehkanalbetreiber HBO ein Angebot in Millionenhöhe erhalten hatte, eine eigene Federation zu führen.
Hierauf antwortete Hogan mit einem schönen Wortspiel. Er wäre dann nicht nur der „Head“ dieser Liga gewesen, sondern hätte auch die „headache“, also die Kopfschmerzen, gehabt.
Es sei ein interessantes Angebot gewesen, das HBO ihm unterbreitet hatte. Allerdings liege es ihm nicht so sehr, viel hinter dem Schreibtisch zu sitzen. Er kämpfe lieber. Auch hätte man Spezialkämpfe, wie etwa einen Boxer gegen Wrestler (sein Gegner sollte der frühere Box-Weltmeister George Foreman sein), geplant. Darauf stehe er aber nicht.
Als die WCW ihm dann anbot, bei ihnen die Nummer 1 zu sein, habe er gerade zugegriffen, zumal der WCW eine große Zukunft beschieden sei.
Abschließend machte er natürlich noch Werbung für die Serie „Thunder in Paradise“, die von RTL koproduziert wurde und ab dem nächsten Jahr ausgestrahlt werden soll.
Nach Worten Hogans ist „Thunder in Paradise“ etwas dem Knight Rider ähnlich, nur dass sich die Abenteuer auf dem Meer abspielen und es sich statt eines Autos um ein Motorboot handelt. Er spiele in der Serie einen Kämpfer für das Gute, gegen Drogenkartelle usw.
Seiner Ansicht nach handelt es sich um eine „ausgezeichnete Actionserie“, der eine große Zukunft beschieden sein wird. Das deutsche Publikum werde begeistert sein, so jedenfalls Hogan. Bei der Pressekonferenz fragte überraschenderweise niemand, ob Wrestling echt oder ob alles nur Show sei. Dafür aber bei Koschwitz und Schreinemakers. Und man muss Hogan ein sehr gutes rhetorisches Geschick zugestehen. Er schaffte es beide Male sehr elegant und ziemlich unauffällig, das Thema zu umgehen und seine Gesprächspartner auf ein anderes Themengebiet zu drängen.
Fazit: Eine insgesamt eher enttäuschende Pressekonferenz in Köln (zu den anderen Städten kann ich ja nichts sagen).
Zwar war das ausgesuchte Hotel sehr schön und mal was Neues. Dass die Pressekonferenz dann aber in einer etwa zwölf bis sechszehn Quadratmeter großen Nische zwischen Gang und Bar abgehalten wurde (ein Drittel der Fläche wurde zudem durch die Bühne weggenommen) und noch nicht einmal alle der etwa 20 anwesenden Journalisten einen Platz fanden (um hier mögliche Kritik aus den Segeln zu nehmen, ich hatte einen der vorersten Plätze ergattert) war beim besten Willen nicht akzeptabel (zumal Köln viele andere, bessere Möglichkeiten bietet).
Auch die Pressemappe ließ viel zu bieten übrig. Es gab einen beidseitig bedruckten Infozettel, wo jegliche Sachinformationen fehlten (dafür hieß es dann zum Beispiel: „Eine lebende Legende, von den Amerikanern zum Nationalhelden, zur US-Ikone emporgehoben, von Anhängern in aller Welt verehrt“ oder „Die wichtigen Champion-Titel im Schwergewicht pflastern seinen Weg – und nebenbei machte er noch eine beispiellose Karriere als Schauspieler“).
Es fragt sich nur, wo Hogan eine „beispiellose Karriere als Schauspieler“ hinter sich hat. Zwar ist es richtig, dass er durchaus überzeugende Nebenrollen, etwa in „Rocky III“ spielte, doch die Filme, in denen er die Hauptrolle spielte, wie „Mr. Nanny“, waren doch ziemliche Flops. Das soll nicht heißen, dass Hogan kein schauspielerisches Talent hat. Ganz im Gegenteil; hiervon hat er nach meiner Meinung sehr viel. Doch sollte man wenigstens bei der Wahrheit bleiben und nicht derart übertreiben.
Darüber hinaus bestand die Pressemappe aus dem Interview im „Stern“, drei Schwarzweißfotos (davon zwei, auf denen er mit Jimmy Hart und George Foreman zu sehen ist; das dritte war dann bezeichnenderweise sehr kontrastarm und damit wenig druckfreundlich) und der Juli-Ausgabe des WCW-Magazins.
Mit keinem Wort ging Hogan etwa auf seine Sängerkarriere ein und wies auf die von ihm kürzlich veröffentlichte CD hin. Auch wurde nichts darüber gesagt, dass er derzeit mit einem neuen Videoclip manchmal in Musiksendern zu sehen ist, geschweige denn, dass die CD der Pressemappe beigelegt wurde.
Okay war dagegen die auf dem beidseitig bedruckten Blatt gemachte Werbung für die Hulkamania-Tour im Herbst.
Wenn man den Auftritt vom Undertaker und Paul Bearer bei Koschwitz gesehen hat, muss man Hogan aber als eindeutigen Gewinner bezeichnen. Denn was dort gezeigt wurde, war zum Teil schon etwas peinlich und dürfte sicher nicht zu einem besseren Image des Wrestling beim „Otto Normalverbraucher“ beigetragen haben.
Sicher, für den WWF-Fan, als den ich mich ja auch bezeichne, war der Auftritt amüsant, nur wurde dabei übersehen, dass Wrestling in Deutschland einen ganz anderen Stellenwert hat und nicht, so wie in den USA, ein fester Bestandteil der dortigen Showszene ist. Von daher wäre sicherlich Bret Hart der geeignetere Interviewpartner gewesen!
Vor allem muss man Titan Sports den Vorwurf machen, nicht die Zielgruppe der Sendung beachtet zu haben. Sicherlich haben heute die meisten Haushalte einen Videorekorder, so dass es auch Zehn- und Zwölfjährigen möglich ist, sich die spät abends ausgestrahlten Sendungen aufzunehmen.
Dennoch bestand der Großteil der Koschwitz-Zuschauer aus Über-25-jährigen. Und diese konnten mit dem Auftritt des Undertaker, selbst wenn sich Mark sehr viel Mühe gab, trotz seines Gimmicks noch die bestmöglichen Antworten zu geben (so als er darauf hinwies, dass Deutschland international derzeit der wichtigste Markt für die WWF ist) nichts anfangen.
Gut, die WWF wird sich jetzt sagen, wir wollen die Kinder und Jugendlichen bis 20 Jahre ansprechen. Diese stellen den Großteil des Publikums, und die Älteren sind nur unser Zweit- oder gar Drittmarkt.
Übersehen werden darf dabei aber nicht, dass auch in Deutschland das Interesse an der WWF derzeit ab-flaut. Und in derartigen Zeiten ist es nicht angebracht, Marktsegmente zu vergraulen.
Richtiger wäre es dagegen, durch beide Seiten ansprechende Auftritte von WWF-Superstars auch in dieser Altersgruppe das Interesse für die WWF zu wecken. Und wenn sie nur einmal eine Show besuchen. Dieses Geld kann einem niemand mehr nehmen.
Ich – und nicht nur ich – habe den Eindruck, dass die WWF seit dem Freispruch von Vince wieder abhebt.
Man erinnere sich: Vor dem Wirbel, den der Steroid-Skandal in den USA auslöste, weigerte sich Vince McMahon jr. sogar, Interviews zu geben! Als die WWF aber plötzlich die negativen Headlines beherrschte, bot er von sich aus Interviews an! Nun scheint es aber so, als ob alles vergessen wurde und man wieder zur WWF-Politik Ende der Achtzigerjahre übergeht.
Im Gegensatz zu Vince scheint Hogan aber gelernt zu haben. Wer von seiner ersten Deutschlandtour noch Hogans Auftritt bei der „Goldenen 1“ in Erinnerung hat, wird sich hieran mit Grausen erinnern. Er war ganz der typische US-Hulkster mit Geschrei, Herumgetobe und einer Mimik, vor der jeder Pantomime Achtung gehabt hätte.
Nur das Publikum reagierte mit absolutem Unverständnis. Mehr als spärlicher Höflichkeitsapplaus kam nicht, und die Gesichter der Zuschauer drückten ihre Gedanken aus: „Was ist das denn für ein Spinner!“
Einen Tag später in einer Popmusiksendung kam der Hulkster dann ganz anders. Lässig an ein Gitter gelehnt, sprach er ruhig mit dem Moderator, erzählte etwas vom Wrestling und von seiner Familie und gab sich wie ein Mensch wie du und ich.
Die Resonanz sprach Bände. Wer beide Auftritte gesehen hatte, vergab die positiven Noten eindeutig an den zweiten Auftritt.
Und nur so ist es auch möglich, neben dem aus Kids bestehenden Stammpublikum zumindest ein Gelegenheitspublikum aufzubauen. Denn sechs, sieben Shows pro Jahr sind für sehr viele Geldbeutel einfach nicht verkraftbar. Schnell sind bloß bei einem Kind und einem begleitenden Elternteil 200 Mark oder mehr weg. Und dies ist schon bei einer normalen Konjunktur nicht gerade wenig, umso härter trifft es viele dann in einer wirtschaftlich schwierigen Lage, so wie wir sie derzeit haben.
Die WWF hat zwar gelernt. Man macht etwas mehr Promotion als früher und gibt sogar der „Welt“ Interviews. Dennoch muss die derzeit noch führende US-Liga höllisch aufpassen, sofern sie nicht den Weg des Undertakers beim Royal Rumble gehen will. Die WCW holt nämlich, nicht zuletzt wegen Hogan, der sie endlich vernünftig ausrichtet, auf.
Grund für den Kurswechsel um 180 Grad ist wohl die desolate Finanzlage bei CNN. War dieser Nachrichtensender bislang Ted Turners größter Gewinnbringer, war die Gewinnentwicklung in jüngster Zeit miserabel. Ein Gewinneinbruch jagte den anderen (so makaber es klingt: der Grund hierfür sind weniger Weltkrisen; der Konflikt in Ex-Jugoslawien ist eben weniger publicityträchtig als der Golfkrieg).
Bislang war die WCW für Turner aber ein wunderbares Abschreibungprojekt, mit dem er die horrenden Steuern, die durch CNN anfielen, hervorragend drücken konnte. Nur dies fällt jetzt flach. Folge ist, dass die WCW nach Möglichkeit auch schwarze Zahlen schreiben soll. Und wer, wenn nicht Hulk Hogan, sollte den Verstand und die Verbindungen haben, dies zu ändern.
Und die jüngsten Verpflichtungen („Hacksaw“ Jim Duggan, Brutus „The Barber“ Beefcake, Honkytonk Man, Mr. Perfect, um nur einige zu nennen) sind hierzu genau der richtige Weg.
Sollte die WCW eine Synthese zwischen Show und Ringkampf schaffen (während der Show-Kampf-Anteil bei der WWF bei 90:10 lag, waren es bei der WCW 20:80), bei etwa 50:50 oder auch 60:40, dann könnten sie es schaffen, sich zu einer ernsthaften Konkurrenz für die WWF zu entwickeln und ihnen viele Zuschauer abspenstig zu machen. Die Zuschauerzahlen des „Clash of the Champions“ mit Hogans erstem Auftritt sprechen Bände!
So ist es dann auch kein Wunder, dass sich Hogan dies fürstlich bezahlen lässt. Nach Informationen des „Observer“ sieht die Honorarvereinbarung zwischen dem Hulkster und der WCW wie folgt aus: Danach soll Terry Bollea für jeden Auftritt in drei Pay-Per-Views und drei Clashes 300.000 US-Dollar erhalten. Dazu kommen 25 Prozent der PPV-Einnahmen, sofern diese über dem Durchschnitt liegen, sowie ebenfalls 25 Prozent der Nettoeinnahmen für eine Handvoll Shows in Europa und den USA. Des Weiteren erhält er aluf dem „Observer“ 65 Prozent der Einnahmen für das verkaufte Hogan-Merchandise.
Anhang dieser Zahlen, die der Wirklichkeit sehr nahekommen dürften, kann man sehen, dass es Ted Turner und die WCW es mit ihrem Angriff auf die WWF diesmal sehr ernst meinen.
Und das Medienecho auf die Rückkehr Hogans – und dazu noch in der WCW – ist dann in den USA, aber auch in Europa und nicht zuletzt auch in Deutschland sehr groß. Turner nutzte sogar CNN, um seinen neuen Star zu pushen!
Offiziell wiegelt die WWF zwar ab, in Wirklichkeit sind sie jedoch stark getroffen. Es wurden Videos hergestellt, wo Hogan als überaltert dargestellt und gesagt wird, dass dies (Hogan) die Vergangenheit war, die WWF aber auf die Zukunft setzt. Es fragt sich nur, wie die „New Generation“ in der WWF aussehen soll. Auf junge Neuzugänge wartet man schließlich schon seit Monaten vergeblich. Der 1-2-3 Kid war der bislang letzte, und auch er ist schon über ein Jahr bei den Titans. Ein Zeichen, wie sehr Vince McMahon verunsichert ist, ist auch, dass er im September die derzeit absolut beste Garde gegen die Europa-Tour der WCW stellt! Offiziell wird zwar gesagt, man wolle der WCW zeigen, wer die Numer 1 ist. Dieses dürfte aber nur die halbe Wahrheit sein.
Wäre man nämlich der Meinung, „Na ja, was soll‘s, Hogan zieht ja doch nicht mehr, dann hätte es vollkommen ausgereicht, Bret und Owen Hart sowie den Undertaker mit auf Tour zu nehmen. Dass aber sogar Lex Luger, Shawn Michaels, Diesel, Razor Ramon und in England Davey Boy (unter Umständen kann man sich vielleicht in Deutschland doch noch auf eine Überraschung gefasst machen) mitschickt, zeigt, dass Vince darauf setzt, dass die meisten Kinder und Jugendlichen bzw. ihre Eltern nur Geld für eine Veranstaltung haben, dann die WWF vorziehen und dadurch der WCW der Aufbau in Deutschland erschwert wird.
Denn eines darf dabei nicht übersehe werden: Zeitglich zur Europatour fand in den USA immer eine zweite tour statt, die von den eben nicht über den großen Teich geschickten Superstars getragen wurde. Dieses Mal sind aber restlos alle in Europa. Damit wird der US-Markt für zwei Wochen völlig aufgegeben – und damit auch Einnahmen. Dies zeigt, dass Vince allen offiziellen Statements zum Trotz dennoch sehr verunsichert ist. Und dies meiner Meinung nach völlig zu Recht!
Die "On Tour With WWE"-Reihe mit den Erlebnissen aus den frühen Neunzigerjahren besteht aus insgesamt 10 Teilen. Alle weiteren Teile dieser Reihe findest du hier:
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