TIPP: Falls du diese Reihe chronologisch und von vorne lesen möchtest, findest du hier
den ersten Teil. Im Dezember 1993 gab es als Teil eines Europaausflugs allerdings nur wenige Termine; am 7. Dezember in der Nürnberger Frankenhalle sowie am 8. Dezember in der Düsseldorfer Phillipshalle. Die Match-Cards waren an beiden Abenden nahezu identisch, hier die Ergebnisse aus Düsseldorf: Adam Bomb bes. Virgil; The Smoking Gunns bes. Red & Black Knight (Brooklyn Brawler & Barry Horowitz); Tatanka (als Ersatz für Mr. Perfect) bes. Diesel durch Disqualifikation; 1-2-3 Kid bes. Rick Martel; IC-Champion Razor Ramon bes. IRS; Randy Savage bes. Shawn Michaels; The Undertaker bes. WWF-Champion Yokozuna durch Disqualifikation.
Was Wolfgang abseits der Shows erlebte, dokumentierte er ursprünglich in „WFA Power-Wrestling 6-1993“:
INTERVIEW-TERMIN IN BAYERN
Im Dezember war es mal wieder soweit. Die WWF kam – erneut – nach Deutschland. Eigentlich wollte ich nur den Event in Düsseldorf besuchen; da das Bayrische Fernsehen aber eine Dokumentarsendung übers Wrestling drehte und mich hierzu um ein Interview bat, fuhr ich dann mutterseelenallein (nur begleitet von der wunderschönen Country-Musik meines Auto-Kassettenrekorders) die fast 500 Kilometer nach Nürnberg.
Ich hatte der Tour mit großer Skepsis entgegengesehen. Der Großteil der Leute, die auf der Card standen, sagte mir (zumindest im Vorfeld) absolut nicht zu (ich dachte noch mit Grausen an Bielefeld, wo die Gunns und Diesel absolut unausstehlich waren, und auch Kid hatte ich nicht unbedingt in bester Erinnerung behalten). Folglich ging ich davon aus, dass ich abends sehr früh in meinem Bett liegen würde. Aber wie heißt es doch so schön: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.
Doch bereits der Nachmittag im Hotel fing gut an. Im WWF-Zimmerflur lief mir direkt Virgil über den Weg und wurden die neuesten Klatschgeschichten ausgetauscht. Unten in der Halle schallte mir dann wenig später Paul Bearers „Hey Wolfgang, how are you doing“ aus der Aufzugtür entgegen. So begrüßt, besserte sich meine Stimmung zusehends (wenngleich die Nervosität wegen des Interviews blieb).
Um 18:30 Uhr war es dann soweit: Das Bayrische Fernsehen verfrachtete mich an die Ringabsperrung und Frau Schulte-Langforth stellte mir einige Fragen. Ich ging eigentlich davon aus, dass sie mich über Wrestlingfans allgemein fragen würden, sah mich aber getäuscht.
Es drehte sich nur um Gewalt, Gewalt, Gewalt. Ob denn in einer ohnehin brutalen Welt die Gewalt beim Wrestling unbedingt vonnöten sei, ob dadurch die Kinder und Jugendlichen nicht zur Gewalt hingezogen werden usw. Ich glaube, ich habe mich ganz gut geschlagen (ihr könnt es im Februar sicherlich besser beurteilen).
Danach ging es dann zu einem kleinen abgesperrten Areal, wo eine Handvoll Fotografen die Erlaubnis bekam, wenigstens die beiden ersten Kämpfe abzulichten.
Leider wurde auch der zweite „Kampf“ hierzu gerechnet, obwohl Diesel (Kevin Nash) ja gar nicht auftreten konnte. Offiziell hieß es, er weigere sich gegen Tatanka anzutreten (der für den „verletzten“ Mr. Perfect kam; in Wirklichkeit hat Curt Hennig inzwischen ja die WWF verlassen). Einige kurze Schläge hinterrücks gegen den „Indianer“ – das war es dann auch schon.
DIESELS GEPÄCK FEHLTE
Den wahren Grund vertraute mir Kevin dann im Hotel an (dies war meine erste Überraschung, denn Kevin entpuppte sich als prima Kumpel, mit dem ich mich anschließend lange unterhielt): Sein Gepäck war auf dem Flug von London nach Frankfurt verloren gegangen und war trotz intensiver Suche nicht wieder aufgetaucht (erst am nächsten Tag kam es sehr spät – zu spät – in Düsseldorf an).
Zudem plagte ihn eine sehr schmerhafte Schulter- und Handverletzung. Folglich kam die WWF auf die (gut aufgemachte) Idee mit der nicht erfolgten Vertragsunterzeichnung und der Bestrafung von Diesel mit 10.000 Dollar für seine unfairen Aktionen.
Die nächste Überraschung im Hotel waren die Smoking Gunns. Sie hatten sich um 180 Grad gedreht und waren nicht wiederzuerkennen. Billy war zwar kaum unten, dafür aber Bart die Freundlichkeit in Person!
Sean Waltman (1-2-3 Kid) entpuppte sich ebenfalls als liebenswürdiges Kerlchen. Zu ihm habe ich mittlerweile ein Spitzenverhältnis. Wir unterhielten uns ebenfalls lange über die verschiedensten Dinge.
Da er sehr eng mit Dave „Fit“ Finlay und mit Larry Cameron befreundet ist bzw. war, was er mir bei der Tour davor gesagt hatte, hatte ich ihm Fotos aus Hannover von beiden mitgebracht. Er zeigte sich hiervon ganz begeistert.
Diese Fotos verhalfen mit dann auch zum Kontakt mit Adam Bomb, da dieser mit Rip Morgan eng befreundet ist (von ihm hatte ich auch Bilder dabei). „The Ripper with short hair“, rief er dann lautstark durch die Hotelhalle, weil er sich nicht einkriegen konnte, dass Rip Morgan sich seine langen Haare kurz geschert hatte.
Barry Horowitz lief vorbei, bekam mit, dass ich irgendetwas mit der CWA zu tun hatte, und schon bat er mich, Big Otto viele Grüße auszurichten. Es tat ihm sehr leid, dass er nicht wie eigentlich vorgesehen, zum Euro-Catch-Festival kommen konnte, doch seine Frau erwartete genau an diesen Tagen ein Baby. Doch er zeigte sich überzeugt, dass Reno Riggins ihn würdig vertreten würde. Wir unterhielten uns dann noch lange über Nachwuchs, und ich erzählte ihm einige Storys über Owens Sohnemann Oje. Hierüber zeigte er sich ganz begeistert.
Für eine liebe Freundin hatte ich mir eine Weihnachtsüberraschung ausgedacht. Nachdem alles so gut lief, bat ich die WWFler um Mithilfe – und siehe da, alle machten mit (nur der Undertaker beschwerte sich nicht ganz ernsthaft, dass er erst als fünftletzter unterschreiben durfte).
Erst um zwei Uhr morgens machte ich dann ausgiebige Bekanntschaft mit meinem Bett und musste feststellen, dass es ein herrlicher Abend gewesen war.
Am Morgen folgte dann ie nächste Überraschung. Man wurde von allen im Frühstücksraum herzlich begrüßt und kam es sogar dort zu einigen Gesprächen. Als sehr umgänglicher Mensch entpuppte sich Rick „The Model“ Martel. Besonders gut wurde außerdem das Verhältnis zu Barry Horowitz.
Anschließend ging es dann mit M.P. von Mama Concerts, Sabine und Miriam gen Heimstadt nach Düsseldorf. Kurz nach Hause, Tanja und Guido aufgesammelt (Tanja hatte in der Zwischenzeit einen Strampler für Barrys Sohnemann besorgt, und ab ging es ins Hotel). Dort wartete dann schon Maja (sie schreibt eine Arbeit über Wrestling und ist jetzt bei uns für die Leserbriefseite etc. verantwortlich).
GESCHENK FÜR BARRY HOROWITZ
Wenig später lief uns dann Barry Horowitz in die Arme und zeigte sich ganz begeistert von unserem kleinen Geschenk für seinen zukünftigen Stammeshalter. Seine Augen hörten gar nicht mehr auf zu strahlen. Wie er mir später sagte, hätte er mit allem gerechnet, aber nicht damit. Er versprach mir, ein Bild seines Sohnemann zu schicken oder dieses Owen zwecks Weiterleitung an mich zu geben.
Mit Scott Hall (Razor Ramon) wurden die neuesten Dinge über die CWA ausgetauscht. Maja hatte noch keine Karte, so wollte Scott uns dann eine besorgen (der entsprechende WWE-Offizielle hatte diese aber ein paar Minuten zuvor zu, Verkauf freigegeben und waren diese nicht mehr da). Zur großen Überraschung gab es dann aber an der Abendkasse noch einige wenige Karten aller Preiskategorien.
Was mich an dieser Tour von dem im Ring Gezeigten am meisten faszinierte, war die Show von Shawn Michaels. Unser Verhältnis ist noch immer recht kühl und ist er mir, ehrlich gesagt, privat auch nicht sonderlich sympathisch – aber das, was er im Ring zeigt, ist einfach phänomenal. Besonders seine Show in Nürnberg war kaum zu übertreffen (in Düsseldorf zeigte er leider nur eine Kurzversion hiervon). Sein Auftritt gefiel mir weitaus besser als der des Undertakers (obwohl diese derzeit mit Abstand mein Lieblingsgimmick ist).
Im Hotel herrschte dann das absolute Chaos. Neben den üblichen superminiberockten 5,20-Mark-Mädchen waren auch alle diejenigen vertreten, die mit äußerst unseriösen Geschäften versuchen, den Fans das Geld aus der Tasche zu ziehen. So lt. internen Quellen unter anderem ein gewisser Herr S. aus Dorsten mit einer Videokamera und einem Fotoapparat mit 300 Millimeter-Teleobjektiv (der diese Videofilme bzw. die Fotos dann für teures Geld verkauft) oder einige „Herrschaften“, die Autogramme und T-Shirts fälschen und diese dann ebenfalls für teures Geld verkaufen. Es ist nur gut, dass die WWF inzwischen massive rechtliche Schritte gegen diese Leute eingeleitet hat!
OMINÖSE FANCLUB-MACHENSCHAFTEN
Ein kleines Beispiel: Kevin hatte ein sehr schönes Foto verloren, das ein Fan von ihm gemacht hatte. Kurzerhand steckte sich dies jemand vom „Crazy Wrestlers Fanclub“ ein (man kann jedem nur dazu abraten, die Finger von diesen Leuten zu lassen; u.a. verkaufen sie Eintrittskarten mit Aufschlag, verpflichtet man sich zu einem wöchentlichen Treffen zu kommen, ansonsten gibt es Strafe, muss man ein bestimmtes T-Shirt tragen, sonst kostet es wieder Strafe, muss man zehn Mark im Monat blechen und erhält hierfür absolut keinen Gegenwert; früher hießen sie „The True Hitman Fan-Club“, inzwischen hat die WWF rechtliche Schritte gegen sie eingeleitet). Als ich Kevin hierauf aufmerksam machte, holte er sich das Bild kopfschüttelnd zurück.
Inzwischen warnte der Undertaker einen etwa 20 Jahre alten „Fan“ davor, auch nur noch ein Foto von ihm aufzunehmen. Er hatte klipp und klar gesagt, dass er keine Fotos am Tisch ohne Sonnenbrille von sich erlaubt, dennoch hatte dieser „Fan“ tüchtig auf den Auslöser geknipst.
Kurz vor zwölf wurden die letzten zum Teil äußerst aufdringlichen Fans zwar recht freundlich, aber doch bestimmt aus dem Hotel komplimentiert, und die „WWF-Party“ war dann alleine.
Es waren aber nicht mehr allzu viele da, da man am nächsten Morgen schon um vier Uhr aufstehen musste, um das Flugzeug in Frankfurt zu erreichen. So waren die meisten WWFler dann nach dem Event direkt in die Heia gegangen.
Carsten Schaefer entpuppte sich nicht als der beste Fänger. Als der Undertaker ihm nämlich eine Flasche alkoholfreies (!) Bier zuwarf, ließ er diese fallen, und das edle Gebräu fand sich im Teppichboden wieder. Bei der zweiten klappte es dann immerhin etwas besser.
Wir lehnten „unsere“ Falsche dankend ab, da es mittlerweile nach zwei Uhr morgens war und zumindest auf einige von uns wenig später die Arbeit wartete. Aus der kurzen Verabschiedung von Virgil wurde dann ein Zehn-Minuten-Gespräch, wo man aber viel Neues und Interessantes erfuhr.
Danach war dann eine der schönsten Touren, die ich mit der WWF mitmachte, zu Ende. Was auffiel, war, dass diejenigen sich zu besonders freundlichen Menschen „gewandelt hatten“, die im Oktober das erste Mal in Deutschland gewesen waren. Anscheinend waren sie nur unsicher gewesen, wie sie sich hier verhalten sollten. Doch sicherlich gilt auch hier das alte Sprichtwort: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.“
Besonders gilt dies auch für Percy Pringle (Paul Bearer). Zu ihm ist es sehr schwer Kontakt zu bekommen, da er mit Fans schon viel Negatives erlebt hat. Hat man aber einmal sein Vertrauen gewonnen, dann ist er ein prima Freund (und erleichtert dies vieles in der WWF).
Meine üblichen tausendfachen Dankeschöns gehen an M.P. von Mama Concerts (die sich inzwischen auch zu einer meiner engsten Freunde entwickelt hat), an Sabine (dito), Miriam und Carsten, Tanja und Guido sowie an Maja. Es sind immer schöne Stunden mit Euch, die ich nicht mehr missen möchte. Viele Dankeschöns natürlich auch an alle WWFler für die hervorragende Aufnahme.
Die "On Tour With WWE"-Reihe mit den Erlebnissen aus den frühen Neunzigerjahren besteht aus insgesamt 10 Teilen, die wir hier auf Power-Wrestling.de in nächster Zeit wiederveröffentlichen. Folge uns auf einem der nachfolgend genannten Kanäle, um den nächsten Teil nicht zu versäumen.
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