WWE Hall of Famer Bret "Hitman" Hart – das Karriere-Porträt

Feature
Donnerstag, 03 März 2022 um 20:14
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Als 1995 die erste Power-Wrestling erschien, prangte der „Hitman“ auf dem Cover. Damals war der kanadische Superstar in aller Munde. In den Jahren darauf folgten bittere Schicksalsschläge – und der Weg zurück in sein schönstes Leben. Die Würdigung eines zeitlosen WWE-Klassikers.

Er war die logische Wahl. Die richtige Option. Als es darum ging, im Frühjahr 1995 die Entscheidung zu fällen, welcher Wrestling-Star das Cover der ersten „Power-Wrestling“ im freien Verkauf zieren sollte, konnte es eigentlich nur der „Hitman“ werden: Bret Hart war zu diesem Zeitpunkt bereits das Aushängeschild für die World Wrestling Federation (WWE) in Deutschland. Klar, bei uns kannte und liebte man auch einen Hulk Hogan. Doch er war mehr das amerikanische Kunstprodukt. Der Hulkster wirkte unnahbar. Bret Hart dagegen machte vor allem eine Qualität aus. Er wirkte echt. Bodenständig. Jemand, der für die Fans greifbar schien.
Vor nunmehr über 26 Jahren stand Bret Hart in der Blüte seines Schaffens unter Vince McMahon. Er hatte sich aus den Tag-Team-Rängen hocharbeiten können, gewann bis zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Mal den WWE-Champion-Titel. Bei der vorangegangenen WrestleMania, der Zehnten im März 1994, stand Bret am Ende des Abends erstmals als der große Sieger im Ring. Keine Frage: 1995 war das Leben gut für den „Hitman“. Die Aufmerksamkeit und Zuneigung der Fans weltweit, gerade in Deutschland, war ihm gewiss. Die Wachablösung war endlich gelungen. Jetzt drehte sich bei der Federation alles um die neue Generation, die Hart erfolgreich anführte.
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Bret Hart zu Beginn seiner aktiven Zeit bei Stampede Wrestling / Der „Hitman“ mit Erinnerungsstücken aus seiner aktiven Zeit (r.) / Bilder: Hart-Familienarchiv
Doch diese glanzvollen Jahre unter Vince McMahon sollten nicht mehr lange anhalten, persönliche Tragödien und gesundheitliche Rückschläge schlossen sich an. Und wenige Jahre später galt Bret Hart als tragischer Held. Oftmals ist der heute 63-jährige als „verbittert“ abgetan worden. Doch ist das wirklich so? Im Rahmen ihrer WWE-Reihe ist der Doku-Sender A&E auf Spurensuche gegangen und hat die Geschichte um Bret Hart neu aufgerollt.

DIE KANADISCHE WRESTLING-DYNASTIE

Wenn aus dem Leben des berühmten kanadischen Wrestlers erzählt wird, dann geht es auch immer um seine außergewöhnliche Familie. Vater Stu entsprang einfachen Verhältnissen, musste in der Kindheit mehrere Jahre mit seiner Familie die kalten kanadischen Winter in einem Zelt überstehen. Der stattlich gebaute Stu kam über den christlichen Jugendverein zum Ring, lernte Jahre später in Amerika seine Helen kennen. Sie heirateten 1947. Zusammen bekamen Helen und Stu zwölf Kinder, Bret war eines davon. In Calgary, Alberta, Kanada zog Stu sein eigenes Wrestling-Business auf: „Stampede Wrestling“ wurde zur lokalen Attraktion, weitete sich dann regional aus.
Von den überlieferten Geschichten, wie die Großfamilie in ihrem „Hart-Haus“ in Calgary lebte, gibt es zahlreiche. Von einem Wrestling-Bären, der im Vorgarten im Käfig lebte. Und vom Dungeon, dem Kellerraum, wo Stu Hart mit seinen Aufgabegriffen jene jungen Männer quälte, die meinten, selbst Wrestler werden zu können. Bei zwölf Kindern und Wrestlern, die auf der Durchreise hier Unterschlupf fanden oder einfach mal mit am Tisch saßen, wurde es nie langweilig. In der Stadt kam die Catcher-Familie nicht überall gut an. Wenn die Kinder in der Schule mal nicht die schönsten Kleider trugen, wurden sie gemobbt und als „Hart Farts“ tituliert. Doch das schweißte die Familie nur noch mehr zusammen.
Bret durchschaute früh, dass das Pro-Wrestling nicht so war, wie es vorgab zu sein. Spätestens als Archie „The Stomper“, den Vater Stu am Vorabend noch im Ring zurechtgestutzt hatte, am nächsten Tag bei den Harts vor der Tür stand, um seinen Gehaltsscheck abzuholen und Mutter Helen äußerst freundlich zu ihm war. Die Hart-Jungs zog es bald selbst ins Familien-Geschäft. Sie halfen mit beim Veranstalten, beim Verkaufen von Programmheften oder mimten den Ringrichter. Doch obwohl Hart zu Schulzeiten als Amateurringer gute Ergebnisse erzielte, zog es ihn in die Jugend nicht selbst ins Pro-Wrestling. Zu Zeiten, als er The Doors und die Beatles hörte und mit seinen Freunden abhing, wollte er lieber Filmemacher werden. Doch der Aufenthalt in der Filmschule wurde zum Kurzbesuch.
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Stu und Helen Hart mit der Großfamilie beim Frühstück / Quelle: A&E, Hart-Familie
Damit stand für Bret die Entscheidung fest, es doch mit dem Wrestling probieren zu wollen. Genau genommen: Er wollte es nicht nur probieren, sondern perfekt umsetzen: „Ich wollte nicht als der Sohn des Promoters gelten. Ich wollte, dass es funktioniert – der beste Wrestler des gesamten Territoriums werden.“ Das war Brets jugendliches Ziel in den Siebzigern. Zwei Jahrzehnte später war er zum besten Wrestler der WWE geworden, die sämtliche Territorien abdeckte.

DER WEG IN DIE FEDERATION

Der Weg in die World Wrestling Federation wurde Bret Hart quasi auferlegt – als Vater Stu sein Territorium in den frühen Achtzigern an Vince McMahon verkaufte. Mutter Helen war heilfroh, das Wrestling endlich los zu sein. Denn so richtig gemocht hatte sie es nie. Der Verkauf von Stampede Wrestling an die Federation war mit der Übernahme einiger Familienmitglieder verbunden: Unter anderem Bret sollte unter Vince McMahon seinen Job behalten. „Sie sagten mir: ‚Wir haben Pläne für dich‘. Doch das war Bullshit. Sie wussten nicht, was sie mit mir machen sollten“, erklärte Bret zur Übernahme.
Und tatsächlich dümpelte der junge Bret, dem das Selbstvertrauen in seine Fähigkeiten noch fehlte, längere Zeit vor sich hin. „Dann wollten sie mich zu einem Cowboy machen. Ich sollte jeden Abend auf einem anderen Pferd in die Halle geritten kommen. Dabei konnte ich nicht mal reiten“, scherzte Bret in der A&E-Dokumentation über eine der verzweifelten Ideen.
Stattdessen hatte Hart den Einfall zum Familienverbund: Mit seinem Schwager Jim „The Anvil“ Neidhart (er hatte 1982 seine Schwester Allie geheiratet) schob er ein Team an. Gemeinsam mit Manager Jimmy Hart, der Mann mit dem Megafon. Obwohl auch Jimmy ein Hart war, gab es mit ihm kein verwandtschaftliches Verhältnis. Doch die Chemie des Trios stimmte. Zumal sich Bret und Jim als Wrestler perfekt ergänzten. Der eine stets bedacht und als smoother Techniker unterwegs, der andere mit der schwingenden Keule und ohne Rücksicht auf Verluste.
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1982: Bret und Papa Stu auf Antigua / Bret vor dem legendären Elternhaus in Calgary / Bilder: instagram.com/brethitmanhart
Anfangs trat man noch nicht mit identischen Outfits an. Weil Bret laut eigener Aussage noch Zweifel über den dauerhaften Fortbestand des Teams hatte. Doch als ein großes TV-Match anstand, da wurden identische Outfits zugelegt. Jim Neidhart gefiel es, das Pink mit in die Ring-Gear zu bringen. Anfangs hatte Bret große Zweifel an dieser wenig furchteinflößend wirkenden Farbe. Doch er ließ sich überzeugen – und sagt heute dazu: „Pink war vielleicht nicht meine Lieblingsfarbe, aber sie wurde zu meiner Glücksfarbe.“ Denn das Pink blieb immer Teil seiner Outfits, wurde zu einem echten Markenzeichen. Genau wie der Name: „The Pink & Black Attack“. Wenn eine Familie die Farben pink und schwarz in Kombination tragen konnte, dann die Harts. „Jeder Tag war ein Abenteuer mit Jim Neidhart“, so Bret. „ich wünschte mir manchmal, das noch mal erleben zu können. Auch nur für ein paar Minuten.“

DER SOLO-AUFSTIEG

Für Brets Karriere war an dieser Stelle das Funktionieren des Teams mit dem Schwager ausschlaggebend. Wäre diese Nummer nicht geglückt, dann hätte sich ziemlich sicher die Solo-Karriere nicht daran angeschlossen. Was half: Die Damenwelt fuhr mächtig auf Bret ab. Ein Grund, der Vince McMahon dazu bewegte, ihn noch mehr in den Fokus zu rücken, war die Fanpost. Zeitweise wurden im Hauptquartier der Federation in Stamford mehr Briefe für den Hitman als für irgendeinen anderen Wrestler angeschwemmt.
Brets Aufstieg nach der Tag-Team-Zeit ist oft überliefert worden. Auch wer nur ein oberflächliches WWE-History-Wissen hat, wird schon mal was von seiner legendären Fehde mit Mr. Perfect um die Intercontinental Championship gehört haben und seinen ersten WWE-Titel-Gewinn im Herbst 1992. Vor allem aber kennt jeder, der schon einmal in die Federation-Geschichte geblickt hat, sein Match gegen Davey Boy Smith beim SummerSlam 1992.
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Bret "Hitman" Hart bei einem Auftritt 2006 - Foto: Bill Otten
Mit seiner harten Arbeit legte Bret den Grundstein für diesen Aufstieg. Sein Chef Vince McMahon, der händeringend nach neuen Aushängeschildern suchte, ermöglichte es ihm. Vince war für Bret allerdings mehr als nur ein Boss, auch Mentor und Förderer. „Ich wäre für Vince vor einen Zug gesprungen“, beschreibt der „Hitman“ diese Zusammenarbeit später. Das waren mehr als leere Worte.
Der Beweis: Ein Angebot von World Championship Wrestling, das Hart 1996 erhielt. Zu diesem Zeitpunkt hatte Vince bereits Scott Hall und Kevin Nash an die Konkurrenz verloren. Und Bret erhielt ein Angebot über 2,8 Millionen US-Dollar jährlich, garantiert für drei Jahre. Mit etwaigen Bonuszahlen wären das mindestens 9 Millionen gewesen – solche Megal-Deals gab es zu der Zeit nahezu gar nicht. Doch Bret wollte gar nicht aus der Federation weg. Er fühlte sich McMahon loyal verbunden. Die WWF konnte zu dieser Zeit das Angebot nicht mitgehen, stattdessen gab es ein Langfrist-Angebot, das Bret über 10 Jahre knapp über 10 Millionen US-Dollar bringen sollte. Für den Hitman war die Entscheidung damit klar: Er wollte Vince treu bleiben.

DAS JAHR DER WENDE

Doch diese Loyalität zahlte sich nicht aus. Im Chaos-Jahr 1997 wurde Hart erst zu einem Babyface/Heel-Hybrid: in den USA ausgebuht, überall anders auf der Welt bejubelt. „Man muss sich nur OJ Simpson ansehen, um zu wissen, dass es in Amerika so etwas wie Gerechtigkeit nicht gibt“, teilte Bret als Anführer der neuen Hart Foundation den Fans in den USA mit, um sich gegen das Land und sein System zu positionieren.
Die kreative Neuausrichtung funktionierte, die wirtschaftliche Vereinbarung zwischen Vince und Bret allerdings nicht. Die Federation versuchte von der hohen Garantiesumme ihm gegenüber loszukommen – und plötzlich wollte Vince seinen Ziehsohn dann doch zu World Championship Wrestling gehen lassen. Der Vertrag kam zustande, zum 1. Dezember 1997. Bis dahin war Bret allerdings noch in der Federation unterwegs. Unglücklicherweise als WWE-Champion.
Der persönliche Konflikt zwischen Bret und seinem Erzrivalen Shawn Michaels war mittlerweile so eingefahren, dass der „Hitman“ unter gar keinen Umständen den Titel an ihn abgeben wollte. Vor allem nicht im kanadischen Montreal, am 9. November 1997 bei der Survivor Series. Was an jenem Abend beim „Montreal Screwjob“ passierte, ist der bis heute meist diskutierte Skandal in der Geschichte des Pro-Wrestlings.
Vince und Bret hatten sich auf ein unklares Finish geeignet. Tatsächlich hinterging man Bret aber. Als er in Shawns Sharpshooter steckte, wurde plötzlich die Ringglocke geläutet und der Heartbreak Kid als neuer WWE-Champion ausgerufen. Bret fluchte und bespuckte seinen Noch-Chef. Szenen, die sich in der Erinnerung sämtlicher Fans eingebrannt haben. Weil zu dieser Zeit Hart von einem Filmteam für die später erscheinende Dokumentation „Wresting With Shadows“ begleitet wurde, konnte man fast glauben, dass dieser Screwjob inszeniert war. Aber einfach nur deshalb, weil es dramaturgisch zu perfekt für den Film wirkte: die Tonbandaufnahme vom Nachmittag der Veranstaltung, als Vince Bret ein anderes Finish zusicherte und der Faustschlag, den Bret nach der Veranstaltung dem Federation-Boss verabreichte.
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Der Auslöser zum „Montreal Screwjob“ / Die Quittung für Montreal wurde bei WrestleMania XXVI ausgestellt (r.) / Bilder: George Napolitano, Bill Otten
„Er hat mir richtig eine mitgegeben“, schmunzelt McMahon knapp ein Vierteljahrhundert später in der A&E-Dokumentation. Bis heute meint Vince aber auch: „Das, was ich tat, war das Richtige. Zumindest aus meiner Position.“ Und weiter: „Das war wie ein Schauspieler, der sich weigerte, in seiner Rolle zu sterben.“ Die missliche Lage des Promoters lässt sich vielleicht nachvollziehen. Nur: Er hatte Bret in den letzten sechzig Tagen seines Kontrakts kreative Kontrolle zugesichert. Allein deshalb hätte sich McMahon an die Abmachung halten müssen. Abgesehen davon, dass es unter Ehrenmännern eh angebracht gewesen wäre. Bret hatte durchaus angeboten, den Titel an jeden anderen Wrestler zu verlieren – oder den Gürtel am Abend nach der Survivor Series bei Raw niederzulegen, um so sein Gesicht zu wahren.
Aus heutiger Sicht wirkt der Konflikt geradezu putzig. Vor allem auf Menschen, die rein gar nichts mit Wrestling am Hut haben. Schließlich geht es hier um einen Titel, der nicht in einem sportlichen Wettkampf vergeben wird. Es ist ein Teil der Show. Doch die Show war für alle Beteiligten sehr real. Viel realerer, als WWE heute zu sein scheint. Immer dann, wenn die Gürtel wirklich nur noch wie Requisiten wirken. Und dann wünscht man sich diese Zeit zurück, als es den Leuten hinter den Kulissen doch etwas ausgemacht hat.

MEHRERE SCHICKSALSSCHLÄGE

Nach der Erfahrung war Bret wütend und enttäuscht – kein Wunder nach 14 Jahren harter Arbeit für Vince McMahon. Seinen Abschied hätte er sich anders vorgestellt. Doch es war erst der Anfang für einige bittere Jahre. Beruflich sollte es in der WCW nicht mehr auf dem bisherigen Niveau weitergehen. Zu wenig wusste man bei der Promotion etwas mit ihrem neuen Spitzen-Wrestler anzufangen. Dann die bitterste aller Katastrophen: der Todessturz seines Bruders Owen Hart beim WWE-Event im Mai 1999. Dieses Unglück nahm die ganze Familie mit. Brets Eltern zerbrachen daran, sie waren bis zu ihrem Tod (2001 Helen und 2003 Stu) nicht mehr dieselben.
Und im Juni 2002: ein Schlaganfall! Diesen massiven Rückschlag erlitt Bret, als er auf seinem Mountain-Bike unterwegs war und stürzte. Es war vermutlich die Folge aus mehreren Gehirnerschütterungen, ausgelöst durch einen fahrlässigen Kick von einem ungehobelten Bill Goldberg. Bret musste das Sprechen und Laufen nach dem Schlaganfall neu erlernen. Gleichzeitig trug er die Last der vergangenen Jahre auch emotional mit sich herum. „Der Montreal Screwjob hatte mich verändert, ich war verbittert“, sagt Hart heute über sich selbst.
Die wiederholten Gehirnerschütterungen beendeten Brets Wrestling-Karriere. Längst war auch seine Ehe mit Julie, die er 1982 – vor seinen Welterfolgen – geheiratet hatte, schwer belastet. Seine vier Kinder Jade (1983 geboren), Dallas (1984), Alexandra (1988) und Blade (1990) hatte er nur nebenbei aufwachsen sein. Das war der Preis, den er dafür zahlen musste, an der Spitze der WWF zu kämpfen. Damals war es die Regel, an rund 300 Tagen im Jahr unterwegs (also quasi nie Zuhause) zu sein. Das belastete den Nachwuchs verständlicherweise. Bret musste sich immer wieder aus dem Haus schleichen, als die Kids noch klein waren. Und aus heutiger Sicht bleibt Tochter Jades großes Bedauern unter Tränen: „Ich wünschte, er wäre mehr Zuhause gewesen“.
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Ein T-Shirt mit Signalwirkung: Bret Hart trägt seinen verstorbenen Bruder Owen auf der Brust / Screenshot: © WWE. All Rights Reserved.
Brets Untreue, die er selbst in seiner Autobiografie offenlegte, half der Ehe ganz offensichtlich auch nicht weiter. Nach 20 Jahren einer „Fernbeziehung“ brachte Bret sein Verhältnis zu Julie mit nachvollziehbaren Worten auf den Punkt: „Wir waren nicht mehr dieselben Menschen.“
Und so lag für Bret nach der aktiven Zeit das Leben in Scherben. In den letzten Jahren seiner Zeit im Ring hatte ihn sein eigener Mentor verraten, seine Gesundheit wurde ruiniert, die Ehe zerbrach, seinen geliebten Bruder hatte er verloren. Kein Wunder, dass Bret daran lange zu knabbern hatte. Es gibt sicher genügend Menschen, die an so vielen – zum Teil krassen – Schicksalsschlägen in Folge für immer zerbrochen wären. Doch – und das ist die gute Nachricht: Bret ist es nicht!

DIE DRITTE EHE

Der Hauptgrund mag seine jetzige Ehefrau sein, die er 2008 kennenlernte: Die über 20 Jahre jüngere Stephanie Washington (heute 38 Jahre alt) trat damals in das Leben der Wrestling-Legende. 2010 begegneten sie sich dann vor dem Traualtar. (Übrigens Brets dritter Anlauf: Die knapp dreijährige Ehe mit der Italienerin Cinzia Rota, sie heirateten im September 2004, fand in der neuen TV-Dokumentation keine Erwähnung.)
„Von außen machten sich die Leute Gedanken. Aber es ist schwer zu beschreiben wie gut wir uns verstehen“, so Stephanie in der A&E-Doku über ihren Ehemann. „Er ist 63, ich bin 38. Doch er ist im Herzen so jung, dagegen bin ich eher eine alte Seele.“ Auch nach ersten Bedenken der Kinder, hat ihr gemeinsames Umfeld längst begriffen, dass Stephanie und Bret zusammengehören.
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Bret Hart in jungen Jahren und mit seiner heutigen Frau Stephanie / Fotos: INSTAGRAM.COM/BRETHITMANHART
2010 geschah es zudem, dass Bret nach über 12 Jahren zur WWE zurückkehrte. Das Kriegsbeil mit Shawn Michaels wurde vor Publikum begraben. „Längst hatten wir realisiert: Es gibt mehr im Leben als nur das Wrestling-Business. Wer hätte das gedacht“, scherzte Shawn Michaels. Auch mit Vince McMahon normalisierte sich Brets Verhältnis wieder, die TV-Rivalität mündete dann aber sogar in einem WrestleMania-Match. Dies war, so Bret, sicher nicht das beste Match seiner Karriere. Aber es unterhielt das Publikum und sorgte vor allem für einen Abschluss.
Wenn Hart heute in Interviews sagt, der damalige WCW-Chef Eric Bischoff sei ein unfähiger Dummkopf gewesen, der keine Ahnung gehabt hätte, was er mit einem Talent wie dem „Hitman“ anstellen sollte, dann spricht nicht mehr die Verbitterung aus ihm. Selbst wenn das viele Fans Bret bis heute anlasten wollen. Aber die Antwort ist viel simpler: Es ist ein Mann, der einen Abschluss gefunden hat und der die Dinge heute einfach so beschreibt, wie er sie sieht. Das mag für einige kaum zu glauben sein, weil sich die Leute im Wrestling gern mal nach dem Mund reden, um keine Brücken zu verbrennen.
Doch Bret kann es egal sein. Er will schließlich keinen Job mehr im Wrestling annehmen. Und wenn er Bill Golberg als leichtsinnig abtut, mag das aus Brets Sicht durchaus nachzuvollziehen sein: „Auf einer Skala von 1 bis 10 war Bill Goldberg eine klare Null“, so die kanadische Beurteilung des glatzköpfigen Hünen.

DAS FAMILIENOBERHAUPT

Heute ist Bret Hart das, was damals sein Papa Stu war. Er ist das Familienoberhaupt in einer (nicht ganz so großen) Großfamilie. Denn Brets vier Kinder haben mittlerweile selbst vier Kinder. Der fünffache WWE-Champion ist heute also vor allem ein glücklicher Opa. Und die Familie bedeutet ihm alles. „Die Verbindung zu meinen Kindern ist seit meiner Ehe mit Stephanie noch stärker geworden“, verriet er. Und die älteste Tochter Jade scheint heute glücklicher denn je: „Wir haben dich mit der ganzen Welt geteilt“, meinte sie zu den Jahren, als Papa nicht Zuhause war. Die Zeit kann jetzt nachgeholt werden.
„Ich bin zufrieden.“, so Bret „Hitman“ Hart im Jahr 2021. „Und ich bin glücklich darüber, dass ich ein gutes Leben hatte. Ich würde alles wieder so machen und nichts daran ändern.“
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Bret Hart mit seinen Kindern Alexandra, Dallas, Blade und Jade / Opa Bret mit seinen Enkelkindern Vylet, Bo, Grayson und Kyra / Quelle: instagram.com/brethitmanhart
„Er war fesselnd, sein Wrestling realistisch“, sagt Drew McIntyre, der mit Bret-Matches aufwuchs, heute. „Er hat das pink & black cool gemacht. Seine Matches waren auf den Punkt, elegant und mit der nötigen Härte“, ergänzt Edge. Und Vince McMahon beschreibt seinen Star aus Calgary, Alberta, Kanada als geradlinig, ehrlich, charismatisch: „Er ist ein echter Champion.“
Was der „Hitman“ vor allem immer war und ist: ein realistischer Held in einer Welt voller Kunstfiguren. Vielleicht war es gerade das Unverfälschte, seine Art des harten Arbeiters, warum er in Deutschland immer so gut ankam.
Was wir aber aus heutiger Zeit ohne jeden Zweifel sagen können: Bret Hart und seine Arbeit im Ring sind zeitlos. Seine Matches sind würdevoll gealtert und funktionieren auch in der Gegenwart. Ein zeitloses Kunstwerk. Und deshalb ist Bret Hart für ein Cover der ersten Power-Wrestling von 1995 genauso geeignet wie sechsundzwanzig Jahre später für das 300. Heft.
ProSieben MAXX zeigt "WWE Legends" über Bret Hart am 3. März 2022 um 20:15 Uhr. Hinterher gibt es die WWE-Doku On-Demand auf ProSiebenMAXX.de und bei Joyn.