WWE - die Ära nach Vince! Zwischenbilanz: Was schon anders ist!

Im Juli ist WWE-Urgestein Vince McMahon aus dem Tagesgeschäft seiner Firma ausgeschieden. 40 Jahre traf er alle Entscheidungen und machte seine Version des Pro-Wrestlings auf der ganzen Welt populär.

Jetzt haben seine Kinder übernommen: Tochter Stephanie führt die Geschäfte, Schwiegersohn Paul Levesque ist für die kreative Gestaltung zuständig. Gemeinsam mit Medien-Manager Nick Khan, neben Stephanie der zweite Geschäftsführer, wird an der Zukunft des milliardenschweren Unternehmens gearbeitet.

Für alle Fans ist das eine aufregende Zeit. Der Wandel ist spürbar, das Publikum freut sich über viele Neuerungen. Worüber die WWE-Anhänger derzeit diskutieren:

Mit Braun Strowman ist ein echter Wrestling-Riese zurückgeholt worden.

Der Hüne tauchte einst als Teilnehmer an Strongman-Wettbewerben auf dem WWE-Radar auf. Seit 2015 wurde Strowman regelmäßig bei „Raw“ und „SmackDown“ eingesetzt und beeindruckte Fans mit seiner rohen Kraft. Zeitweise kämpfte er gegen die ganz Großen wie Roman Reigns, Brock Lesnar und Bill Goldberg. Doch als Opfer von COVID-Sparmaßnahmen wurde der 39-jährige im Mai letzten Jahres völlig unerwartet gefeuert.

Ein Fehler, den Paul Levesque, der neue Chief Creative Officer, jetzt korrigiert hat. Dabei war über das vergangene Jahr versucht worden, die Rolle des Wrestling-Riesen mit neuen Talenten zu besetzen. Doch in die Strowman-Stapfen konnte bisher keiner treten – und nun ist das Original zurück.

Mit Comebacks geizt Levesque derzeit sowieso nicht: Hit Row (Top Dolla und Ashante The Adonis), Dakota Kai oder Karrion Kross sind weitere Talente, die zurückgeholt wurden. Sie alle hatten unter dem früheren Boss Vince McMahon keine Chance erhalten. Levesque, der diese Leute in seiner Nachwuchs-Brand „NXT“ gefördert hatte, will das jetzt korrigieren.

Das größte Wiedersehen steht noch aus. Denn die Rückhol-Aktion vom schaurigsten aller WWE-Superstars ist im vollen Gange: Bray Wyatt wird in Kürze zurückerwartet.

Dafür sprechen verschiedene Hinweise, die WWE derzeit in ihre Shows einstreut. Erst am Montag war bei „Raw“ wiederholt ein QR-Code eingebaut worden, der Fans zu einer rätselhaften Video-Animation lotste. Die digitale Schnitzeljagd stellte sich als kreative Herangehensweise heraus, um die Diskussionen in den sozialen Medien anzufachen.

Windham Rotunda, Sohn des früheren Wrestling-Steuereintreibers Irwin R. Schyster, verkörpert Bray Wyatt seit 2012. Über die Jahre hat sich die Figur gewandelt, nahm immer wieder auf Elemente aus der Geschichte des Horror-Genres Bezug. Im vergangenen Sommer war Wyatt völlig unerwartet aus seinem Vertrag entlassen worden. Seitdem gehört er zu den Stars, den viele Fans unbedingt wiedersehen wollen.

Schon klar: Bei WWE geht’s um Wrestling. Aber nicht ausschließlich. Denn nicht umsonst hat Ex-Boss Vince McMahon einst den Begriff „Sports-Entertainment“ als Synonym für den bei ihm unbeliebten „Wrestling“-Begriff durchgedrückt. Und so blieb die Action im Ring manches Mal zweitrangig, dafür wurde der Unterhaltungsanteil hochgeschraubt.

Paul Levesque, der 1992 selbst als Wrestler startete und im April aufgrund gesundheitlicher Probleme seinen Rückzug erklärte, hat dagegen keine Bedenken, die eigentlichen Kämpfe in den Fokus zu rücken. Längere Matches mit mehr Spektakel sind die Folge. Auch die einzelnen Titelgürtel erhalten wieder eine größere Bedeutung.

Ein echtes Levesque-Steckenpferd: die Förderung des Women’s Wrestling! Als Chef-Entscheider bei „NXT“ wurden unter ihm einst Sasha Banks, Charlotte Flair oder Becky Lynch zur neuen Frauen-Garde im Geschäft. Jetzt erhalten die Damen bei „Raw“ und „SmackDown“ für ihre Matches wieder mehr Fernsehzeit. Die fast vergessenen Frauen-Tag-Team-Titel wurden prompt zurückgeholt. Mit Stars wie UFC-Berühmtheit Ronda Rousey, Raw Women’s Champion Bianca Belair oder dem Trio „Damage CTRL“ um die nach einem Jahr Zwangspause wiedergenesene Bayley ist der Kader derzeit hervorragend aufgestellt.

Aber keine Sorge: Unter der neuen WWE-Leitung wird auch in Zukunft das Entertainment nicht zu kurz kommen. Für große Aufmerksamkeit sorgt derzeit Social-Media-Superstar Logan Paul. Der 27-jährige hat in diesem Jahr bereits zwei Matches bestritten und mit seinen Leistungen Fans wie Kritiker beeindruckt. Levesque urteilte: „Es ist schwer, sich meinen Respekt zu verdienen. Aber er hat es geschafft.“

Jetzt will Logan Paul an die Spitze schießen. Am Samstag hat er bei einer Pressekonferenz in Las Vegas den amtierenden Undisputed-Champion Roman Reigns zu einem Match am 5. November in Saudi-Arabien herausgefordert: „Roman, das hier ist vielleicht dein Sport. Aber in Saudi-Arabien erleben wir mein Match!“

Paul beruft sich darauf, schon 12 Runden mit Floyd „Money“ Mayweather im Boxring überstanden zu haben. Selbst wenn der Kampf im Sommer 2021 vielleicht bloß eine glorifizierte Sparringseinheit war.

Wer beim Event „Crown Jewel“ am Ende den Ring als Sieger verlässt (Spoiler: Roman Reigns), bleibt eh Nebensache. Saudi-Arabien will ein großes Spektakel, das Reichweite generiert. Reigns und Paul sind derzeit die besten Karten, die WWE ausspielen kann, um genau das zu erreichen. Im Gegenzug überweisen die Saudis 50 Millionen US-Dollar für das Event und helfen WWE dabei, bis zum Jahresende mehr als 1,2 Milliarden US-Dollar umzusetzen.

Die Renovierungsarbeiten von Levesque machen auch vor echten Traditionsveranstaltungen nicht Halt. Bei der „Survivor Series“, seit 1987 jeden November eine feste Größe im WWE-Kalender, gibt es in diesem Jahr erstmals „WarGames“.

Hinter dem Begriff versteckt sich ein spezieller Käfigkampf. Dieser Käfig erstreckt sich über zwei nebeneinanderstehende Ringe, in den die Mitglieder zweier konkurrierender Mannschaften alternierend entsandt werden. Erst wenn alle Teilnehmer den Doppel-Käfig betreten haben, fällt die Entscheidung. Die „WarGames“ wird es gleich in doppelter Ausführung geben – einmal für die männlichen, einmal für die weiblichen Superstars.

Die besondere Variation des Steel-Cage-Matches war 1987 von Wrestling-Legende Dusty Rhodes erfunden worden. 2017 brachte Levesque das Match erstmals in seinem „NXT“-Kader. Vince McMahon wollte die Idee hingegen nie übernehmen, war sie einst doch bei seiner Konkurrenz entstanden. Über 35 Jahre nach der „WarGames“-Premiere gibt es das Match jetzt erstmals im WWE-Hauptkader.

Aufgefrischte Shows, personelle Veränderungen, kuriose Ansetzungen und ein motivierter Kader, der sich in Bestform präsentiert: Die ersten Wochen der „neuen“ WWE sind gelungen – und jetzt spricht alles dafür, dass sich ein heißer Herbst nahtlos anschließt.